Ilja Trojanow

16.12.2006  –  Ilja Trojanow liest am GG im Rahmen der lesArt aus seinem neusten Buch "Der Weltensammler"

Die Frage, was ein gutes Buch ausmacht, kann jeder für sich beantworten. Für viele zählt der Inhalt, aber für viele auch die Nachricht im Hintergrund, die message. Nicht für Ilija Trojanow. Während einer Lesung am Georgii-Gymnasium antwortete er auf die Frage eines Schülers, was die message seines Buches sei, dass gute Bücher keine message haben, sondern dazu da sind, „zu verwirren, dass man danach rausgeht und das Leben neu sieht“. In diesem Sinne ist auch sein erfolgreiches Buch „der Weltensammler“ geschrieben, welches er den Schülern an diesem Tag vorstellte.

Die Schüler waren alle gespannt und auch viele Lehrer aus den verschiedensten Fachbereichen waren anwesend, als Ilija Trojanow am 27.11.06 eine Lesung aus seinem erfolgreichen Buch der Weltensammler im Georgii-Gymnasium in Esslingen abhielt. Mit großem Interesse wurde der Vortrag verfolgt, der durch eine spannende Gestaltung und viel Humor bereichert wurde.
Zu Beginn der Lesung hielt der Direktor des Georgii –Gymnasiums, Joachim Scheffzek, eine Ansprache an die versammelten Schüler der Jahrgangsstufe 12 und 13, in der er vor allem auf die Bedeutung des Lesens einging. Er betonte, dass das Lesen eine wichtige Facette des Erfahrens ist, die jedem einzelnen die Entfaltung seiner eigenen Welt ermöglicht, in der man die Buchstaben in Töne, Bilder und persönliche Empfindungen umwandelt.
Nach diesen einleitenden Worten startete der Vortrag mit einer ungewöhnlichen Musik, die alle Anwesenden in die richtige Stimmung brachte. Im Anschluss an diese Musik begann Herr Trojanow mit der Lesung aus seinem Roman.
Er las verschiedene Stellen aus seinem Roman vor, die einen guten Eindruck auf den ungewöhnlichen Stil und die bildreiche Sprache des Romans ermöglichten.
Auch während der Lesung fügte Herr Trojanow immer wieder Erklärungen ein, zum einen über den Inhalt und zum anderen über seine persönlichen Erfahrungen im Bezug auf diese Textstellen.
Im Anschluss an diese Lesung konnten die Schüler Fragen an Herr Trojanow stellen, um einen noch besseren Eindruck von dem Buch und seinem Autor zu erhalten. Dieses Angebot wurde von den Schülern begeistert aufgenommen, und Herr Trojanow wurde mit vielen verschiedenen Fragen konfrontiert.
Vor allem die Parallelen zwischen Trojanow und seiner Hauptfigur, Richard Burton, interessierten die Schüler. Denn genau wie Burton ist auch Trojanow ein ständiger Reisender, der schon in 10 verschiedenen Ländern gelebt hat, unter anderem in Indien, in verschiedenen Teilen Afrikas und in den USA. Auf die Frage, ob er sich selbst als Vermittler zwischen Kulturen oder als Schaffer ästhetischer Werke sieht, antwortete Trojanow, dass es unmöglich sei, sich selbst zu sehen, und dass man deshalb kein Urteil über sich selbst bilden kann.
Die treibende Kraft hinter seinem Schaffen ist aber laut Trojanow nicht die Kulturvermittlung, sondern die „Leidenschaft, die man selber hat“. Das Schreiben ist für Trojanow „Ekstase, Beglückung, Intensität“.  
Diese Leidenschaft kann man gut erkennen, wenn man bedenkt, dass er 7 Jahre lang an dem Buch gearbeitet hat. Einen Großteil dieser Zeit verbrachte Trojanow mit genauen Recherchen über seine Hauptfigur Richard Burton. Im Zuge dieser Recherchen verbrachte er viel Zeit in den Ländern, in denen das Buch spielt.  Vor allem in Afrika folgte er den Spuren Burtons, indem er auf der Route, die Burton auf der Suche nach der Quelle des Nils in dem Buch nimmt, durch Afrika wanderte.
Trotz dieser ausführlichen Recherchen ist das Buch laut Trojanow keine wirklichkeitsgetreue Wiedergabe des damaligen Geschehens. Denn „jede Geschichte die erzählt wird, wird verfälscht – Erzählen bedeutet verfälschen“. 
Auf die Frage wo er sich nach seinen vielen Reisen am meisten zu Hause fühlt, antwortete Trojanow, dass man sich in keinem Land zu Hause fühlen kann, da Heimat für ihn untrennbar mit geliebten Menschen verbunden ist. „Heimat ist ein dynamischer Bergriff, Heimat ist die Gesamtheit der intimen Erinnerungen, die einen Menschen glücklich machen“.
Auf seinen vielen Reisen hat Trojanow erkannt, dass die Unterschiede zwischen den Kulturen nicht so groß sind, wie wir meinen. Daher war es für ihn nie schwer sich in eine neue Kultur einzufügen.
Trotzdem will Trojanow nicht, dass sein Buch als Werbung für Kulturpluralismus angesehen wird, da gute Bücher keine message haben.

Herr Engelmann und Herr Trojanow