Teresa Präauer

Zeitungsseite unserer Schülerinnen und Schüler

Über die Lesung von Theresa Präauer gestalteten unsere Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 eine Zeitungsseite mit folgenden Beiträgen:

 

Der eigene Weg ist immer der beste

Die Bahnwärter-Stipendiatin Teresa Präauer liest am Georgii-Gymnasium aus ihrem Buch „Johnny und Jean“ und plaudert mit den Schülerinnen und Schülern der 10. Klassen

Teresa Präauer kennenzulernen bedeutet, einer kreativen Persönlichkeit zu begegnen, die sich aufgeschlossen und offen für all ihre Gesprächspartner, aber auch selbstbewusst in ihren Ansichten präsentiert. Sie hat etwas zu sagen - und das auf ihre eigene, künstlerische Weise. Und sie hat einiges vorzuweisen, was ihr Profil gibt und Anerkennung verschafft. Zugleich schafft sie es mit ihrer unangestrengten und sympathischen Art, ein Publikum für sich einzunehmen. So wie im Esslinger Georgii-Gymnasium, wo Teresa Präauer bei den Schülerinnen und Schülern der zehnten Klassen zu Gast war.
PLÄDOYER FÜR DAS LESEN
Für Schulleiter Joachim Scheffzek war der Besuch der preisgekrönten Autorin „eine Sternstunde des schulischen Lebens“, weil Teresa Präauer den Schülern „ihr Werk in seiner Form, seinem Inhalt und seiner Handschrift nahebringt“. Im Lesen sieht Scheffzek „eine der wichtigsten Fähigkeiten und eine der höchsten Künste, an der an der Schule gearbeitet wird“. Teresa Präauer war bereits der zehnte prominente Gast, der seine literarische Visitenkarte am Georgii-Gymnasium abgab. Zuvor waren bereits so prominente Autoren wie Peter Stamm, Terezia Mora, Ilija Trojanow und Thomas Glavinic zu Gast gewesen.
Teresa Präauer ist Schriftstellerin und Malerin zugleich. Und so präsentierte die Bahnwärterstipendiatin der Stadt Esslingen gleich zu Beginn ihr Bilderbuch „Die Gans im Gegenteil“ - zu Präauers Illustrationen hat der österreichische Schriftsteller Wolf Haas, der sich als Krimi-Autor einen Namen gemacht hat, kurze Texte beigesteuert. Auch zu ihrem neuesten Roman „Johnny und Jean“ hat Teresa Präauer das Cover gestaltet, das Aufmerksamkeit wecken und durch seine Ästhetik zum Lesen des Romans animieren soll: Was den Leser im Buch erwartet, soll bereits in der illustrativen Darstellung auf dem Umschlag aufscheinen.
In ihrem Roman führt die Autorin den Leser in ein ungewöhnliches Milieu, in dem sie ihre beiden Hauptfiguren Johnny und Jean agieren lässt. Beide sind angehende Künstler, Studenten auf einer Kunstakademie im Spezialfach Malerei. Teresa Präauer las einige prägnante Abschnitte aus ihrem Roman, und die Zuhörer konnten einen guten Eindruck von der in diesem Roman behandelten Problematik gewinnen. Auf viele moderne Malerinnen und Maler wird angespielt, auf bedeutende Kunstwerke wird im Laufe der Handlung verwiesen. Das mag dazu anregen, sich während des Lesens mit einem schnellen Zugriff auf das Internet über das eine oder andere Bild oder den Künstler schlau zu machen, wie Teresa Präauer bemerkte. Das Verständnis des Romans berührt das jedoch nicht, denn es kommen Beziehungen von Personen zueinander zur Sprache, Zuneigung und Abneigung, Bewunderung und Ablehnung, Wohlwollen und Neid, die zum Erfahrungshorizont eines jeden Menschen gehören.
„Die beiden Hauptfiguren gehören im Grunde zusammen, verkörpern aber eine jeweils unterschiedliche Ausprägung in ihrem Charakter und ihrem Verhalten“, erläuterte die Autorin. Wie sich die beiden Namen Johnny und Jean auf die gemeinsame Wurzel Johannes zurückführen lassen, so könne auch von einer in ihnen angelegten Einheit gesprochen werden, wobei sich beide in unterschiedliche Richtungen entwickeln: Johnny in Richtung New York und Amerika, Jean in Richtung Paris und Frankreich - beides sind Zentren der Malerei und damit Sehnsuchtsorte von Malern, die sich selbst noch zu entwickeln haben, ihre eigenen Wege finden müssen und mit ihren Werken auf Anerkennung aus sind. Sich dem Roman von Teresa Präauer zu nähern, bedeutet also auch, sich auf eine zunächst fremde Welt, die des Künstlertums, einzulassen, in ihr jedoch das zu finden, was die Entwicklung eines jeden Menschen ausmacht, den Weg der Selbstfindung, den jeder für sich zu leisten hat.
SIDECUT STEHT FÜR EIGENSTÄNDIGKEIT
Dass Teresa Präauer diesen Weg gegangen ist, um nun als Autorin und Malerin anerkannt zu sein, macht sie deutlich, wenn sie nicht nur von ihren inzwischen vier Büchern und ihrem Erfolg, sondern auch von den Schwierigkeiten und Widerständen in ihrem Künstlerdasein spricht. Und sie hat die Schüler ermuntert, den eigenen Weg zu gehen. „Man soll schon seinen eigenen Kopf haben“, meint sie und spielt augenzwinkernd auf ihre Frisur an: den Sidecut, der als schmucker Blickfang in seiner auffallend asymmetrischen Art auch auf eine gehörige Portion künstlerischer Eigenständigkeit verweist.

TERESA PRÄAUER PERSÖNLICH
Teresa Präauer wurde 1979 in Linz (Oberösterreich) geboren. Die Künstlerin und Schriftstellerin studierte Germanistik und Malerei in Salzburg, Wien und Berlin. Neben ihrer Arbeit als Malerin und Autorin hat sie auch in anderen Jobs Erfahrungen gesammelt - zeitweise war sie Snowboard-Lehrerin. Ihren Hauptwohnsitz mit Atelier hat sie heute in Wien. Teresa Präauer ist Esslinger Bahnwärter-Stipendiatin. Ihr Roman „Für den Herrscher aus Übersee“ brachte ihr 2012 den angesehenen Aspekte-Literaturpreis für das beste deutschsprachige Prosadebüt ein. Weitere von ihr veröffentlichte Werke sind ihr Postkartenbuch „Taubenbriefe von Stummen an anderer Vögel Küken“ (2009), das Bilderbuch „Die Gans im Gegenteil“ (2010) und ihr im Herbst 2014 erschienener Roman „Johnny und Jean“ (Wallstein-Verlag). Teresa Präauer zeichnet und schreibt auch für die Online-Plattform Zeit.de und für Magazine

Von Oliver D., Leon H., Aingela P., Vincent W.

 

Interview mit Teresa Präauer, Autorin und bildende Künstlerin: „Beim Schreiben habe ich eine Melodie im Kopf“

Schülerinnen und Schüler erhalten Einblicke in die Arbeit der Autorin - Der Traum vom eigenen Titelbild auf dem „New Yorker“

Mit ihrem authentischen Auftreten hat Teresa Präauer die Georgii-Gymnasiasten für sich eingenommen.
Es kommt nicht alle Tage vor, dass Schüler einer preisgekrönten Autorin begegnen. Die Zehntklässler des Esslinger Georgii-Gymnasiums nutzten den Vormittag mit Bahnwärter-Stipendiatin Teresa Präauer, um einen Blick hinter die Kulissen des Literaturbetriebs zu werfen. Nico F., Vanessa H., Aleyna K., Annika K., Naomi K., Michael S., Katharina S. und Larissa  baten Teresa Präauer für das EZ-Projekt „Zeitung in der Schule“ zum Interview.


Wann und warum haben Sie mit dem Schreiben angefangen?
Präauer: Ich habe schon immer gern gelesen und gezeichnet, habe aber nie gedacht, dass ich Schriftstellerin werde. Ich habe Germanistik und Malerei studiert - danach habe ich mir gedacht, ich bin bildende Künstlerin und wollte auch so leben. Ich habe immer wieder Ausstellungen gemacht, und die beginnen ja mit Einführungsreden. Diese Reden haben mich frustriert, ich habe sie einfach nicht gut gefunden. So habe ich angefangen, sie selber zu schreiben. Das ist kontinuierlich mehr geworden. Und schließlich sind daraus Bücher geworden, könnte man sagen.
Was mögen Sie an Ihrer literarischen und künstlerischen Arbeit?
Präauer: Ich mag es, dass beide Arbeiten sehr konzentriert stattfinden. Man ist unabhängig von anderen Leuten, und ich schätze es, dass man sehr viel allein sein kann dabei. Es gibt ja auch die andere Seite: Ich mache, seit mein jüngstes Buch „Johnny und Jean“ erschienen ist, oft Lesungen. Da ist man sehr viel unter Menschen, man verliert seine sozialen Kontakte also nicht. Aber eigentlich schätze ich das Arbeiten am Schreibtisch sehr.
Sehen Sie sich eher als bildende Künstlerin oder als Autorin?
Präauer: Ich habe immer gehört, dass man sich entscheiden muss. Aber ich glaube immer mehr, dass man sich nicht entscheiden muss. Die guten Ratschläge der Eltern, der Lehrer oder derjenigen, die das schon länger machen, helfen manchmal, aber nicht immer. In meinem Fall ist es so, dass ich zeichne und schreibe, und auch vergleichbar kompetent - hoffe ich. Ich glaube, dadurch, dass ich mich nicht entschieden habe, habe ich jetzt viele Möglichkeiten, mich auszudrücken und meinen Weg zu gehen.
Woher stammt Ihre Inspiration?
Präauer: Ich sage gern: aus meiner Frisur. Aber auch davon, dass ich mir viel anschaue. Ich besuche Ausstellungen, schaue viel YouTube, schaue mir den ganzen Müll auf der Straße an, der da liegt: Der erzählt auch Geschichten. Es ist fast immer eine visuelle Inspiration. Aus dem, was ich sehe, stammt das, was ich schreibe.
Welche Figur aus Ihrem Roman würden Sie lieber treffen, wenn Sie die Wahl hätten: Johnny oder Jean?
Präauer: Hm, das ist eine schwierige Frage. Eigentlich wäre das keine der Titelfiguren, sondern Mary, da die so super altklug ist. Die mag ich sehr gerne. Johnny und Jean sind zwei Figuren, aber andererseits auch zwei Seiten einer Figur. Deshalb könnte ich mich nicht für einen entscheiden. Ich mag die bescheidene Schritt-für-Schritt-Vorgehensweise von Johnny. Ich mag aber auch dieses Auftrumpfen und Angeben von Jean.
Kennen Sie Charaktere wie die im Buch beschriebenen?
Präauer: Ich habe mir von mehreren Personen Charaktereigenschaften für Johnny und Jean ausgeborgt - vor allem von Leuten, die es aktuell in der bildenden Kunst gibt. Jonathan Meese ist so einer, der vor allem durch Provokation auffällt. Das ist einer, der in der Kunst Erfolg hat. Er ist ein wenig in die Figur von Jean mit eingeflossen. Überhaupt denke ich, dass es in jeder Schulklasse einen Angeber oder eine Angeberin gibt. Die wäre dann Jean. Und Johnny ist der, der Jean dabei beobachtet.
Wie viel von Ihrem Buch ist persönlicher Hintergrund?
Präauer: Persönliche Erlebnisse gibt es wenige, aber es fließen Geschichten ein, die mir erzählt worden sind, von Kollegen vielleicht. Insofern hat es dann wieder etwas Biografisches - nicht autobiografisch, sondern biografisch. Was, glaube ich, persönlich mit mir zu tun hat, ist die Sprache und der Klang der Sprache. Und welche Bilder mich faszinieren und wie ich diese beschreibe.
Schreiben Sie zu festen Zeiten oder nur, wenn Ihnen etwas einfällt?
Präauer: Ich versuche, regelmäßig zu arbeiten. Manchmal stelle ich mir vor, es ist so etwas wie ein Bürojob, um die Disziplin aufzubringen, immer dran zu bleiben. Wenn mir mal nichts einfällt, gibt es immer noch Korrekturarbeiten, E-Mails schreiben, Rechnungen bezahlen, Pause.
Unter welchen Umständen schreiben Sie am besten?
Präauer: Ich muss zugeben, ich bin keine besonders gute Teamspielerin. Ich arbeite am liebsten bei mir daheim in meinem Zimmer. Wenn mir das zu still wird, läuft nebenbei Musik oder das Radio. Manchmal gehe ich zum Arbeiten hinaus und nehme meinen Laptop mit.
Wie haben Sie Ihren Schreibstil gefunden, in dem sich die Realität oft ein wenig mit der Fantasie mischt?
Präauer: Zum einen habe ich beim Schreiben eine Melodie im Kopf. Zum anderen versuche ich, die Attribute wegzulassen. So sind die Sätze kompakter. Eine Sprache mit wenigen Schnörkeln ist mir lieber als eine ohne Punkt und Komma. Jeder Absatz ist in sich geschlossen. Das könnte auch auf einem Kalenderblatt stehen, auf dem man jeden Absatz einzeln lesen könnte.
Suchen Sie sich etwas Konkretes aus, bevor Sie sich an den Schreibtisch setzen?
Präauer: Bevor ich mit der Arbeit an einem Buch beginne, habe ich atmosphärisch etwas im Kopf: Vielleicht den Titel oder ein Gefühl dafür, wie das Buch aussehen soll - wie ein kurzer Film. Dann wünsche ich mir, dass das Buch diese Atmosphäre oder diesen Geschmack hat. Ich beginne bei Seite eins und schreibe über ein oder zwei Jahre bis Seite 200. Man kann im Nachhinein kaum etwas streichen, weil das so knapp gebaut ist. Manche Autoren schreiben zuerst so etwas wie Textfelder, aber bei mir ist das ein chronologisches Schreiben. Die Vorbereitung ist die Zeit, die verstreicht, bis ich etwas Neues anfange.
Was wollen Sie noch erreichen?
Präauer: Einerseits möchte ich das Buch, das ich im Kopf habe, schreiben. Das ist ein nahes Ziel. Und ich finde es lustig, sich seine Ziele weit zu stecken, deshalb würde ich gerne das Cover vom „New Yorker“ malen. Das ist ein Magazin, das es seit Jahrzehnten gibt, und es hat, soweit ich weiß, immer gemalte Titelseiten.
Vielen Dank für das Gespräch.

 

Literatur mit einem Lächeln

Teresa Präauers Besuch im Georgii-Gymnasium fand bei den Schülerinnen und Schülern viel Beifall. Hinterher notierten sie ihre Eindrücke.

Mich hat vor allem überrascht, dass Teresa Präauer trotz ihres Erfolgs sehr sympathisch war und alle Fragen freundlich und offen beantwortet hat. Außerordentlich originell fand ich ihr Postkartenbuch, das nur aus Postkarten besteht und eine willkommene Abwechslung gegenüber normalen Büchern ist. (Luca E.)


Es war gut, dass uns Teresa Präauer Tipps gegen Schreibblockaden gegeben hat, da ich selber kleine Kurzgeschichten schreibe und dabei ab und zu auf dem Schlauch stehe. Die Ausführungen zu ihrem Roman fand ich sehr lehrreich. (Basil L.)


Die Lesung war sehr gelungen, da Teresa Präauer einen guten Draht zu den Schülerinnen und Schülern gefunden hat. Außerdem hat sie uns einen Einblick in ihre Arbeit als Autorin und Malerin verschafft. Es ist interessant, dass sie Schreiben und Malen miteinander verknüpft, indem sie zum Beispiel das Cover für ihr eigenes Buch entwirft. (Leon H.)


Ich lese hauptsächlich Fantasy-Geschichten und Krimis und kann eigentlich mit Büchern anderer Genres nichts anfangen. Teresa Präauers „Johnny und Jean“ hat mir auf den ersten Blick nicht zugesagt. So bin ich ziemlich skeptisch in die Lesung gegangen. Dort hat sich meine Meinung immer mehr geändert, und am Ende war ich davon überzeugt, dass „Johnny und Jean“ ein sehr lesenswertes Buch ist, in das man auf jeden Fall hereinschauen sollte. Es ist bemerkenswert, wie schnell sich eine Meinung ändern kann, wenn man sich mit dem Thema etwas näher auseinandersetzt und wenn man das Buch von der Autorin selbst vorgestellt bekommt. Als Person fand ich Teresa Präauer von Anfang an sehr sympathisch. Mir hat die Lesung gezeigt, dass man nicht voreingenommen an einen Roman herangehen sollte, sondern sich auf den Autor oder die Autorin einlassen sollte, um ein richtiges Bild von ihrem Werk zu bekommen. (Dimitrios P.)


Obwohl ich mich nicht so sehr für Bücher interessiere, muss ich sagen, dass „Johnny und Jean“ sehr gelungen ist und viel Stoff zum Nachdenken bietet. Sehr gut fand ich das Gespräch mit der Autorin. Teresa Präauer hat auf alles freundlich und, wie es mir scheint, ehrlich reagiert. Ich hoffe, dass das nicht die letzte Autorin ist, deren Lesung ich erleben konnte. (Julian F.)


Nicht nur ihr Lächeln verzaubert, sondern auch ihre Freundlichkeit und Begeisterung. Sie ist mit Freude bei der Sache. Es macht Spaß, ihr zuzuhören. (Annika K.)


Teresa Präauers offene und freundliche Art verlieh der Lesung eine entspannte Atmosphäre. Die ausgewählten Textstellen aus ihrem Roman waren abwechslungsreich und steigerten bei mir die Lust, das Buch zu lesen. Die Ratschläge der Autorin an uns Schüler waren sehr motivierend. (Katharina Diana S.)

 

Wie werde ich ich selbst?
Teresa Präauers Roman „Johnny und Jean“ - Eine Rezension

Es gibt nicht nur die Kunst, Bilder zu gestalten, zu malen und zu zeichnen, sondern es ist auch eine Kunst als Schriftsteller zu schreiben. Die richtigen Worte finden ist alles andere als einfach, und schon alltägliche Situationen zu beschreiben kann schnell in einem langweiligen Text enden. Teresa Präauer aber gelingen beide Künste. Mit ihrem Buch „Johnny und Jean“ stellt sie nicht nur ihr Können auf dem Gebiet des Schreibens unter Beweis und auch ihre Vertrautheit mit der bildenden Kunst, indem sie wie nebenbei viel über Kunst und Künstler in ihren Roman einfließen lässt, sie hat auch das Cover ihres Romans gestaltet und ihn so um eine wichtige künstlerische Dimension bereichert. Man kann das Buch nun im doppelten Sinn als Kunstwerk von Teresa Präauer betrachten.

Ein erstes aber, worüber man beim Lesen leicht stolpern kann, ist der Titel „Johnny und Jean“. Der eine Name erschließt sich sofort. Johnny, ein englischer Name, der von Johannes kommt, ist klar zu identifizieren. Doch beim anderen Namen bleibt ein aufmerksamer Leser hängen. Bei Jean wird man zunächst vermuten, dass der Name ebenfalls aus dem Englischen stammt, ein Frauenname ist, abgeleitet von Johanna und englisch ausgesprochen wird. Was also haben wir von dem Roman zu erwarten? Ist es eine Frau, und lässt sich aus dem Zusammenhang mit dem Männernamen Johnny auf eine Romanze schließen? Erwartet uns eine Liebesgeschichte, ein Liebesroman? Oder wird der Name französisch ausgesprochen? Jean wäre dann ein Mann, und man fragt sich, in welcher Beziehung Jean zu Johnny steht. Könnte es gar um eine Liebe zwischen zwei Männern gehen? Egal, wie sehr man es versucht, aus dem Titel kann man nicht herauslesen, welche der beiden Möglichkeiten zutrifft. Schnell wird im Text dann aber klar, dass es sich nicht um den englischen Frauennamen handelt, sondern wirklich um den französischen Männernamen Jean.

Johnny trifft Jean zum ersten Mal im Sommer nach dem Ende der Schulzeit, bevor sie sich beide an einer Kunstakademie bewerben. Schon in der ersten Szene im Schwimmbad wird Johnny durch Jean die Show gestohlen, indem dieser die Aufmerksamkeit aller durch einen vollendeten Salto vom Dreimeterbrett auf sich zieht. An der Akademie ist Jean sofort der von allen Bewunderte und wird begeistert aufgenommen. Johnny hingegen blamiert sich mit seinen Fischbildern und scheitert bei seiner ersten Bewerbung. Er gibt jedoch nicht auf, sondern schafft es ein Jahr später. Von seiner Vergangenheit in einem kleinen Dorf in die für ihn neue weite Welt der Kunst gesprungen, fällt es Johnny doch recht schwer, sich zurechtzufinden. Er lernt viele ihm bisher unbekannten Dinge kennen, hat seinen ersten Kontakt mit dem anderen Geschlecht und erlebt Hoch- und Tiefpunkte, all das parallel zu der Erfolgsgeschichte des Jean, dem er nacheifern möchte und um dessen Freundschaft er sich bemüht.

Warum haben die Protagonisten denselben Namen? Beide Namen kommen von Johannes. An ihrem Charakter kann es nicht liegen. Johnny, der still und zurückhaltend ist, um seine Künstlerkarriere kämpfen muss, aber auch nicht aufgibt, steht in starkem Kontrast zu dem begabten und überall gut angeschriebenen Jean, der vorwitzig und voller Selbstvertrauen durch das Leben geht. Johnny bewundert den arroganten Jean, der immer alles sofort in Angriff nimmt und sich in den Mittelpunkt stellt. So wäre er auch gerne. Jean verkörpert all das, was Johnny nicht ist. Johnny ist nur der, als den alle ihn wahrnehmen, wenn sie es überhaupt tun, und fühlt sich hingezogen zu Jean, dem Draufgänger, dem Stürmischen, dem Frauenheld, der von allen geliebt wird und von überallher Ruhm erntet. Man gewinnt den Eindruck, dass Jeans künstlerische wie erotische Erfolge zu einem erheblichen Teil auf seiner Fähigkeit beruhen, die jeweiligen unausgesprochenen Erwartungen der Dozenten, Kommilitonen, Galeristen, des Kunstmarkts wie der aktuellen Partnerinnen zu antizipieren und zu erfüllen. Wenn nun aber keine Ähnlichkeit im Charakter die so gut wie gleichen Namen der beiden Protagonisten erklären kann, was dann? Stehen Johnny und Jean etwa für ein und dieselbe Person? Sind sie wie die zwei Seiten einer Medaille, die verschieden sind, aber doch untrennbar zusammengehören? Jean, der für Johnny als Freund und Vorbild fungiert, erscheint dem Leser tatsächlich als die andere Seite von Johnny, also dessen Gegenstück. Hat Teresa Präauer in ihrem Roman die zwei Seiten in einem Menschen sich treffen lassen, um die Auswirkung dieser Begegnung zu dokumentieren?

Tatsächlich erzählt der Roman von der Identitätsfindung eines jungen Künstlers zwischen dem Sommer nach dem Schulabschluss und den ersten beruflichen Erfolgen nach Ende des Studiums. Mit gewissem Recht kann man „Johnny und Jean“ als Entwicklungsroman bezeichnen. Der Roman stellt die persönliche Entwicklung und Reifung, also das Erwachsenwerden des jungen Künstlers Johnny dar. Die Identitätsfindung des Ich-Erzählers, der sich zu Beginn selbst den Namen Johnny gibt, vollzieht sich im lange vergeblichen Werben um den grenzenlos bewunderten Studienfreund Jean. Dieser Jean hat alles, was der Ich-Erzähler nicht hat, und ihm gelingt es im Umfeld der Kunstakademie, die Aura des geheimnisvollen, früh vollendeten Künstlers um sich zu verbreiten. Jean steht also für die Träume, Wünsche und Bedürfnisse von Johnny, aber vielleicht auch für seine versteckten und noch verdeckten Seiten, die er finden und entwickeln muss.

Johnny stellt sich vor, was für eine Freundschaft sich mit Jean ergeben könnte. Einen großen Teil des Romans malt er sich aus, wie es wäre, mit Jean befreundet zu sein. Das mag zwar ein wenig verwirren, da man sich manchmal nicht sicher ist, ob das Beschriebene jetzt real ist oder nur in Johnnys Fantasie stattfindet, gibt der Geschichte aber auch einen besonderen Reiz. Wenn Jean mal nicht zur Stelle ist, weiß sich Johnny durch Diskussionen mit seinen beiden Mitbewohnerinnen zu helfen. Oder aber durch sich in seiner Fantasie abspielende Gespräche mit Mary Schoenblum, einer Kunsthistorikerin aus New York, oder mit den beiden Künstlern Salvador Dalí und Marcel Duchamp. Diese Unterhaltungen sind sehr amüsant und helfen Johnny bei seinem Prozess der Reifung und Entwicklung. Durch die Ähnlichkeit der realen mit der fantasierten Welt sind die Übergänge nicht sofort zu erkennen, so dass man erst nach einer Weile bemerkt, dass man die wirkliche Welt verlassen hat und sich nun in Johnnys Vorstellungswelt befindet. Manchmal kommt das erst zutage, wenn Johnny seine eigenen Gedanken abtut, weil sie ihm doch nicht richtig erscheinen. In der Person Johnnys, das wird klar, gehören Wirklichkeit und Wunsch- und Traumwelt übergangslos zusammen. Diese Mehrschichtigkeit nimmt der Roman erzählend auf.

Allmählich kommt es zu einer Distanzierung Johnnys von seinem anfänglich angehimmelten Idol, bis Jean schließlich aus dem Leben Johnnys entlassen wird. Das Verblassen und Verschwinden Jeans ist ein bedeutsamer Vorgang. Wieso verschwindet Johnnys Freund so ganz und gar? Liegt es daran, dass Johnny sein Vorbild Jean nun nicht mehr braucht? Er hat sein Leben selbst im Griff, feiert seine ersten künstlerischen Erfolge, darf sogar nach New York und erfüllt sich somit seinen größten Traum. Es entsteht tatsächlich der Eindruck, dass Jean dem schüchternen Johnny auf die Sprünge geholfen hat, und nun, da Johnny den Sprung in die Kunstwelt geschafft hat, nicht mehr gebraucht wird. Zuletzt will der Ich-Erzähler auch den zu Beginn angenommenen Namen Johnny ablegen, sicher Ausdruck der mühsam errungenen Identitätsfindung, die auch bedeutet, zu sich selbst zu stehen. Dies gelingt jedoch nicht, weil sich die andern längst an den einst selbstgewählten Namen gewöhnt haben. Dann jedoch versöhnt sich der Ich-Erzähler mit dem Namen. Dies steht für die Integration auch der anstrengenden und schwierigen Zeit des Suchens auf dem Weg der Ichwerdung in das Selbstbild des Ich-Erzählers. Damit ist das Ziel des Entwicklungsromans erreicht.

Der Roman ist sehr aufbauend und motivierend geschrieben, so dass er auch für Jugendliche eine gewinnbringende Lektüre sein kann. Eine der Erkenntnisse könnte etwa so formuliert werden: „Gib niemals auf und lass dich von außen nicht von deinen Träumen abbringen.“ Insofern hat Teresa Präauer mit ihrem Roman allen etwas Wichtiges zu sagen.

(Vanessa H., Annika K., Naomi K., Katharina Diana S.)

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