Rainer Stach

Rainer Stach

Der Kafka-Biograf Rainer Stach am Georgii-Gymnasium

- Zum Interview mit Rainer Stach

- Schülermeinungen zu Kafkas "Prozess"

- Schülermeinungen zum Vortrag von R. Stach

Franz Kafka als Person und sein Roman „Der Prozess“ – einerseits keine „leichte Kost“, andererseits viel gelesen, nicht selten gezwungenermaßen, da Abitur-Prüfungsstoff – wurde den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 12 und 13 des Georgii-Gymnasiums von Rainer Stach, dem derzeit renommiertesten Kafka-Biografen, schmackhaft zu machen versucht. Der Literaturwissenschaftler und ausgewiesene Kafka-Kenner verstand es, seinen Zuhörern auf lockere und gleichzeitig spannende Weise das geheimnisvolle Leben Kafkas näher zu bringen und so ihr Interesse für dessen Literatur zu wecken.

Nach einem kurzen Überblick über seinen eigenen Werdegang, Studium der Mathematik und Literaturwissenschaft, Arbeit als Wissenschaftslektor und schließlich seit 1995 selbst Autor, erzählte Rainer Stach, wie er als Schüler im Alter von 16 Jahren Kafkas „Prozess“ heimlich unter der Schulbank las. Kaum jemand, insbesondere nicht seine Lehrer interessierten sich damals für Kafka. Später faszinierten ihn die Tagebücher und Briefe Franz Kafkas, die dessen Person in all ihren Verästelungen und Verrätselungen deutlich machen und ihn endgültig zum einem Fan des Prager Autors werden ließen. Schnell wurde ihm klar, dass er im Schreiben einer Kafka-Biografie seine Lebensaufgabe finden könnte. Inzwischen sind zwei der drei geplanten dickleibigen Bände zu Kafkas Leben erschienen. Für seinen von der Kritik gefeierten zweiten Biografie-Band „Kafka. Die Jahre der Entscheidung“ erhielt er im September 2008 in Köln den Doderer-Literaturpreis.

Mit seiner Begeisterung steckte Rainer Stach seine Hörerschaft spätestens dann an, als er begann, über die Aktualität von Kafkas „Prozess“ zu reden. Dieser Roman sei wie ein Krimi zu lesen und die in ihm beschriebene Kontrolle des unbescholtenen Bankprokuristen Josef K. durch eine unbekannte Institution sei vergleichbar mit der Kontrolle, der wir uns heute unfreiwillig durch das Internet ausgesetzt sehen. Im direkten Dialog mit seinen Zuhörern, den Schülerinnen und Schülern, suchte Rainer Stach zu erfahren, was diese beim Lesen des “Prozess“ empfunden hätten. Antworten wie „ Enttäuschung“ oder „Befremdung“ waren zu hören. Stach gab hierauf zu bedenken, dass man den „Prozess“ nicht als Unterhaltungslektüre verstehen dürfe, da Entspannung beim Lesen praktisch unmöglich sei, im Gegenteil der Leser fortwährend sowohl auf die Folter gespannt wie auch enttäuscht würde.

Zum Abschluss ging Rainer Stach auf die Schuldfrage ein, die ein Hauptthema im Roman darstellt. Er bezeichnete den „Prozess“ als inneres Selbstgericht des Protagonisten, das dieser unbewusst über sich verhänge und dem er sich vollständig ausliefere. Diese und andere Erläuterungen und Ausführungen des Kafka-Kenners werden den Gymnasiasten auf dem Weg zum Deutschabitur sicherlich sehr hilfreich sein, und mit Sicherheit hat der Kafka-Experte Rainer Stach manch einem Schüler die schwierige Lektüre näher gebracht und ein Stückweit zugänglich gemacht.