Peter Stamm

„Agnes ist tot. Eine Geschichte hat sie getötet.“ So beginnt Peter Stamm seinen Debütroman „Agnes“, jedoch würde eine solch offensichtliche Aussage den Interpretationsspielraum zu stark einschränken. Die endlosen Diskussionen über Agnes‘ vermeintlichen Tod kosteten uns Schüler in jeder Deutschstunde viele Nerven. Nicht nur ihr „Tod“ bereichert den Unterricht mit Meinungs-verschiedenheiten, ebenfalls von großer Beliebtheit ist auch die Diskussion über den Charakter des Ich-Erzählers. Warum besteht Glück aus Punkten und Unglück aus Strichen? Welche Rolle übernimmt die Kommunikation in einer Beziehung? War das Zusammenleben der beiden Protagonisten von Anfang an zum Scheitern verurteilt? Auf diese Fragen erhofften wir uns mit Hilfe Peter Stamms eine Antwort. Gespannt warteten wir am Montagmorgen in der Aula um Antworten auf unsere großen Fragen zu finden. Doch zuerst lauschten wir den Worten Herrn Scheffzeks, der über die Bedeutung der Literatur am Gymnasium sprach und Herrn Steinle, der uns die Hauptmerkmale der Charaktere des Schweizer Autors näher brachte. Ohne einleitende Worte fing Peter Stamm mit dem Vorlesen zweier Kapitel aus seinem Roman an. Danach bot sich uns die Gelegenheit, Fragen zu stellen, „über das Buch […] aber auch [s]einen Beruf oder […] die Schweiz.“ Hier ist festzuhalten, dass die Schweiz vor Peter Stamm bereits zahlreiche bekannte Autoren hervorbrachte (z.B. Max Frisch, der uns mit Homo Faber ein weiteres Sternchenthema liefert). Zugleich stürzten wir uns mit unseren Fragen auf ihn. Er bemühte sich stets diese zu beantworten, ging aber wenig auf einzelne Interpretationsaspekte ein. Immer wieder spielte er auf die Freiheit (des Lesers) an, welche auch im Roman eine wichtige Rolle spielt. Mit dieser Einstellung vernichtete er zwar unsere Hoffnungen, an eine Interpretation aus erster Hand zu gelangen, jedoch verschaffte uns sein Besuch einen großen Vorteil. Die Frage, ob man den Autor als Bild des Ich-Erzählers im Kopf haben darf, bejahte er. Für ihn sei es kein Problem, da er sich sowohl mit dem Ich-Erzähler als auch mit Agnes identifizieren könne. Die Gedanken des Lesers sind frei und jeder kann sich vorstellen was er will. Diese „Erlaubnis“ veränderte das Bild des fiktiven Ich-Erzählers, der in seinem Wesen sehr umstritten war. Wir erweiterten unseren Blick auf den Ich-Erzähler durch einige positive Eigenschaften Stamms wie zum Beispiel seinen hervorragenden Humor (dessen wir mehrfach Zeuge wurden). Die Frage ob Agnes nun tot sei oder nicht, wollte und konnte er nicht beantworten, obwohl er der Schöpfer der Charaktere ist (vielleicht sogar aus diesem Grund).  Auch erhielten wir exklusive Informationen über eine geplante Verfilmung des Romans, sowie über den Schreiballtag eines Autors.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass das persönliche Treffen mit Peter Stamm uns sowohl menschlich als auch im Verständnis seines Romans weiter gebracht hat. Trotz des sympathischen Auftretens bleibt die Meinung der Schüler geteilt und ermöglicht somit weiterehitzige und ausladende Diskussionen für die nächsten Deutschstunden. 

Hannah F. und Kristina R.

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